Einleitung
Dr. Enno Willms, der 1. Vorsitzende des traditionsreichen Vereins, hat zum 100jährigen Jubiläum die Vereinsgeschichte zusammengestellt, auf der die folgende Darstellung fußt. Sie wird ergänzt durch Geschichten und Gespräche mit älteren Mitgliedern des Kieler Traditionsvereins, "alten Hasen" aus dem Turnier- und Vereinssport des Kieler Raumes, sowie Recherchen von Prof. Dr. Amei Koll-Stobbe (Geschäftsführerin des Reiterbundes Kiel) als Sportwartin im Kieler Renn- und Reiterverein in den 90er Jahren.
Die Sport- und Turnbewegung im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts führte zu einer organisierten Sportkultur in Deutschland, die auch die Entwicklung des Reitsports prägte. Ein Blick in die Vereinsgeschichte des Kieler Renn- und Reitervereins ist somit auch ein Stück Heimatgeschichte des Reitsports im Verein. Die Vereinsgeschichte wird durch zehn Vorsitzende und ihre ehrenamtlichen Vorstände in einer Zeitspanne, die von den ständisch geprägten Anfängen des Pferdesports in einer Preußischen Marinestadt über die Wiederaufbauphase nach dem 2. Weltkrieg mit Bewirtschaftung einer Reitanlage auf dem Nordmarksportfeld bis zur Entstehung eines modernen gemeinnützigen Vierspartenvereins reicht, getragen. 2002 wird Schulpferdereiten, Voltigieren, Therapeutisches Reiten und Einstellmöglichkeiten für Privatpferde angeboten - und das fast mitten in der Stadt auf einem Gelände mit zwei Hallen, Außenvierecken, Springplatz mit Geländeparcours und angrenzender Rennbahn. Der Weg des Reitsports vom Herren- zum Volkssport und zum marktorientierten Lifetime-Sport (in der Terminologie heutiger Marktforschungsinstitute) war ein langer, und ein Blick in die Vereinsgeschichte verdeutlicht, dass Reitvereine zunächst durch gesellschaftliche Stände, aber später vor allem durch den ehrenamtlichen Einsatz von tatkräftigen Einzelpersonen ihre Strukturen erhielten.
Die Sport- und Turnbewegung im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts führte zu einer organisierten Sportkultur in Deutschland, die auch die Entwicklung des Reitsports prägte. Ein Blick in die Vereinsgeschichte des Kieler Renn- und Reitervereins ist somit auch ein Stück Heimatgeschichte des Reitsports im Verein. Die Vereinsgeschichte wird durch zehn Vorsitzende und ihre ehrenamtlichen Vorstände in einer Zeitspanne, die von den ständisch geprägten Anfängen des Pferdesports in einer Preußischen Marinestadt über die Wiederaufbauphase nach dem 2. Weltkrieg mit Bewirtschaftung einer Reitanlage auf dem Nordmarksportfeld bis zur Entstehung eines modernen gemeinnützigen Vierspartenvereins reicht, getragen. 2002 wird Schulpferdereiten, Voltigieren, Therapeutisches Reiten und Einstellmöglichkeiten für Privatpferde angeboten - und das fast mitten in der Stadt auf einem Gelände mit zwei Hallen, Außenvierecken, Springplatz mit Geländeparcours und angrenzender Rennbahn. Der Weg des Reitsports vom Herren- zum Volkssport und zum marktorientierten Lifetime-Sport (in der Terminologie heutiger Marktforschungsinstitute) war ein langer, und ein Blick in die Vereinsgeschichte verdeutlicht, dass Reitvereine zunächst durch gesellschaftliche Stände, aber später vor allem durch den ehrenamtlichen Einsatz von tatkräftigen Einzelpersonen ihre Strukturen erhielten.
Mitgliederentwicklung
Vom Eliteklub der Herrenreiter zum gemeinnützigen Verein mit Jugendabteilung
Mitte des 19. Jahrhunderts (1865) wurde die Preußische Marinestation von Danzig nach Kiel verlegt und Kiel verzehnfachte bald darauf seine Bevölkerung. Die Turn- und Sportbewegung führte zu einem dichten Netz von Vereinen, die bald die alten Gilden zahlenmäßig überflügelten. Die elitären Sportarten in Kiel gaben sich vorwiegend um die Jahrhundertwende Vereinsstrukturen: Bereits 1861 wurde der Erste Kieler Ruder-Club gegründet, der Kaiserliche Yacht-Club wurde 1891 ins Vereinsregister der Stadt eingetragen, der Golf-Club Kitzeberg im Jahre 1902 und der 1. Kieler Hockey und Tennis-Club 1907 gegründet. Die Anfänge der Kieler Reiterei als organisierter Sportart liegen in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Im Reitstall des Pferdehändlers Frahm in der Prüne (Verlängerung der jetzigen Kieler Straße nach Westen) gründeten sich zahlreiche Reit-Clubs, die, ständerechtlich elitär organisiert, Reiten als Geselligkeit pflegten. Die in Kiel zahlreich vertretenen Militärs hatten hingegen andere Vorstellungen vom Pferdesport und begannen 1901 mit einigen am Rennsport interessierten Gutsbesitzern, Universitätsprofessoren und Kaufleuten eine Satzung zu erstellen.
Am 7.4.1902 wurde der Kieler Reiterverein, der später in Kieler Renn- und Reiterverein (KRRV) umbenannt wurde, ins Vereinsregister der Stadt eingetragen mit dem Ziel der Förderung des Reitsports und der Pferdezucht. Die Mitglieder waren vorwiegend preußische Offiziere und konsequenterweise wurde einer von ihnen,Oberst Gerd von Rundstedt, der von 1896-1898 Kommandant des Schleswiger Husarenregimentes No. 16 war, der 1. Vorsitzende des Vereins.
Mit dem Geheimen Medizinalrat Prof. Dr. Arnold Heller stand ihm ein weiterer "gebildeter Mann von Stand" als 2. Vorsitzender zur Seite. Als erster Vorstand wurde in das Vereinsregister vom 7.4.1902 darüber hinaus eingetragen: Brauereibesitzer Emil Jacobsen, Kaufmann August Völkers, Stadtrat Carl Daenel, Branddirektor Freiherr von Moltke, Dr. phil. A. Schifferer, Gutsbesitzer Milberg (Hammer) u.a. Bereits einige Jahre später hatte der Verein 500 Mitglieder.
Die im Stadtarchiv von Kiel aufbewahrte Mitgliederliste des Kieler Renn-und Reitervereins von 1910 liest sich nicht nur wie ein "who is who" von Kiel und Umgebung, sondern auch des preußischen Militäradels: die Konsuln Amtrup, Seibel, Diedrichsen und Sartori, neun Grafen, die meisten Gutsbesitzer der Umgebung von Kiel, elf Professoren der Kieler Universität, die führenden Kaufleute und Unternehmer aus Kiel, knapp 100 Offiziere vom Großadmiral von Köster über Vizeadmiral Graf von Moltke zu Kapitänleutnant Prinz Karl von Ysenburg-Büdingen - sie alle waren Mitglieder in diesem vornehmen Verein.
Im Kieler Renn- und Reiterverein als konservativ preußisch geprägtem Verein waren die Herren unter sich: Unter den 500 Vereinsmitgliedern des Jahres 1910 finden wir nur 12 Frauen, allesamt Ehefrauen und Verwandte von Mitgliedern. Jugendliche Mitglieder waren damals noch nicht Teil der Sportvereinskultur. Dies änderte sich schlagartig erst in den 1960er Jahren, als der KRRV eine eigene Reitanlage auf dem Nordmarksportfeld in Kiel betreiben konnte und die Ausbildung und Förderung jugendlicher Pferdesportler aller Schichten als Ziel satzungsgemäß verankert wurde. Und auch die Anzahl der weiblichen Vereinsmitglieder stieg nach dem 2. Weltkrieg stetig an. Davon zeugt ein Bericht in den Kieler Nachrichten vom November 1963, in dem die Amazonen des KRRV vom damaligen Reitlehrer Uwe Schmidt, in die "gesunde Breitenarbeit des Pferdesportes" eingewiesen werden. Für den Erbpächter des in den 60er Jahren entstehenden Reitzentrums Kiel blieb die Tradition des Herrenvereins allerdings weiterhin Verpflichtung: Lediglich Ursula Bieler, die im KRRV seit nunmehr dreißig Jahren ehrenamtlich tätig ist, wurde in den kleinen, exklusiven Club des Hallenreitvereins als einziges weibliches Mitglied aufgenommen. Dennoch ist heute, anders als zu Vereinsgründungszeiten auch der KRRV fast ein reiner Frauen- und Mädchenverein. So weint der 1. Vorsitzende im Jubiläumsjahr, Dr. Willms, den "guten alten Zeiten" etwas nach, wenn er feststellt, dass unter etwa 300 Vereinsmitgliedern nur noch zwei männliche jugendliche Mitglieder registriert sind und dass 90% der Privatpferde von Frauen geritten werden. Die Zeiten, da im Kieler Renn- und Reiterverein 20 Herren eine Quadrille vorführen konnten, wie noch 1907 zur Einweihung des Nordmarksportfeldes oder in den 60er Jahren von Mitgliedern des Freitagsreitclubs, sind heute Legende.
Entwicklung des Pferdesports
Vom Rennverein zum mehrspartigen Reitsportverein
Die im KRRV vor 100 Jahren zusammengekommenen Mitglieder wollten den Pferdesport fördern. Darunter verstanden die Offiziere und Kaufleute der Gründerjahre den Pferdesport als Rennsport. Zu diesem Zweck sollten Reitjagden und Pferderennen veranstaltet werden. Nach zähem Ringen mit der Stadt konnte 1907 die erste Rennveranstaltung auf dem städtischen Sport- und Spielplatz (heute Nordmarksportfeld) stattfinden, für dessen Einrichtung sich auch der Kaiser wohlwollend ausgesprochen hatte. Ehrenpreise am ersten Renntag stifteten Prinz Heinrich von Preußen, Henriette von Schleswig-Holstein, Herr und Frau Krupp von Bohlen-Halbach, die Stadt Kiel und das Marine-Offiziers-Kasino, womit die gesellschaftliche Verankerung des KRRV in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts in Marine und Adel eindrücklich unterstrichen wurde. Mit der Durchführung der Rennen auf dem heutigen Nordmarksportfeld nahm der Verein einen bedeutenden Aufschwung. Er galt als wohlhabend und konnte vor dem ersten Weltkrieg Pferdeboxen und Tribünen auf der Sportstätte errichten als Voraussetzung dafür, dass 1912 ein exklusiver Pferdesport-Nutzungsvertrag mit der Stadt geschlossen werden konnte. Erst die Inflation und der Verlust bei einer Turnierveranstaltung nach dem ersten Weltkrieg vernichteten das Vermögen des Vereins, was zuletzt auch dadurch dokumentiert wird, dass der Verein die Stadt mehrfach bat, ihm die Gebühren für die Nutzung des Nordmarksportfelds zu erlassen, auch weil er als einziger Sportverein in die
Ausstattung des Spiel- und Sportplatzes mit dem Bau von zwei festen Tribünen (jetzt Betriebssportvereinsstätte und Gaststätte) investiert hatte. Der Verein wehrte sich darüber hinaus kräftig dagegen, dass neben dem Rennsport auch andere pferdesportliche Wettkämpfe auf dem Nordmarksportfeld stattfinden konnten, wie ein Brief aus dem Jahre 1926 von Josef Graf Hahn, dem Vorsitzenden des Vereins von 1913-1936 zeigt:
Wir haben in der Unterredung mit Ihnen (der Stadtverwaltung) darauf hingewiesen, dass wir den Turniersport mit seinen das Publikum langweilenden Springkonkurrenzen und sonstigen Wettbewerben schleunigst verlassen und uns sofort voll und ganz dem Rennsport widmen müssen".
1939 fand jedoch das letzte Rennen auf dem Nordmarksportfeld statt. Nach dem 2. Weltkrieg, in der Ära des 1. Vorsitzenden August Nebendahl (1936-1962), änderte sich die Mitgliederstruktur einschneidend, die rennsportfördernde Klientel des KRRV gab es nicht mehr.
Dennoch wurde 1952 in der Regie des Kieler Reitclubs, der 1962 im KRRV aufging, wieder ein Renntag mit Totalisator abgehalten. Neben vier Trabrennen wurde ein Flachrennen und ein Jagdrennen für Holsteiner Warmblutpferde abgehalten. Dieses Jagdrennen gewann Richard Sachau vor Graf Thun-Hohenstein - beides die Kieler organisierte Reiterei nach den Kriegen prägende Gestalten, die sowohl im Sattel als auch am Richtertisch bzw. als Reitsportfunktionär zu überzeugen wussten.
Neben den Rennen wurden zwischen den Kriegen auf den umliegenden Gütern vor Kiel auch Reitjagden mit dem in Personalunion geführten Kieler Schleppjagdverein und der Meute des Artillerie-Regimentes 30, das in Rendsburg stationiert war, durchgeführt, eine Tradition, die (dann allerdings ohne Meute) bis in die 70er Jahre weitergeführt werden konnte. Bis Mitte der 80er Jahre, unter dem 1. Vorsitzenden Prof. Dr. Otto Gravert (1977-1985), konnten große Kieler Vielseitigkeitsprüfungen auf dem Nordmarksportfeld stattfinden mit Jagdpferdeprüfungen bis zur Klasse L.
Diese Tradition wird heute vornehmlich vom Norddeutschen Jagd & Rennverein zu Kiel am Westensee fortgeführt. Der Kieler Renn- und Reiterverein versuchte zwar vor vier Jahren die Geländesporttradition erfolgreich aufleben zu lassen, aber die in diesem Jahr erfolgende Umnutzung des an die Halle des Universitätssportzentrums grenzenden Geländes haben die Kontinuitätsversuche durchkreuzt.
Der Verein entwickelte sich in den 60er und 70er Jahren zu einem modernen Pferdesportverein, dessen Reitabteilungen der Jugend landesweite Erfolge verbuchen konnten. In der Ära unter dem 1. Vorsitzenden Staatssekretär Dr. Hans Werner Otto (1962-1976) wurden auf dem Nordmarksportfeld große Turniere mit (nunmehr das Publikum nicht mehr, wie noch der 1. Vorsitzende Graf Hahn fürchtete, langweilenden) Spring- und Dressurprüfungen durchgeführt.
Erwähnenswert ist insbesondere die Ausrichtung der Deutschen Juniorenmeisterschaften im Jahre 1968. Unter der Führung der Reitlehrer Uwe Schmidt, Stemwedel und Freise konnten die Pferdesportler des KRRV zahlreiche Platzierungen bei den Wettkämpfen der Reitabteilungen um die Landesstandarte in Bad Segeberg erringen. Auch die Voltigierabteilung des KRRV war in dieser Zeit unter der Leitung des ehemaligen Gestütswärters des Landesgestüts Traventhal, Ernst Rührdanz erfolgreich auf Landes- und sogar Bundesebene. Peter Freise, Major a.D. und Reitlehrer beim KRRV von 1972-1978, machte zudem mit seinen Springquadrillen Furore, die er im ganzen Lande auf großen Turnieren, wie dem Hamburger Derby und Holstenhalle in Neumünster, zur Begeisterung des Publikums vorführte.
Die weiteren Jahrzehnte waren durch die zunehmende Individualisierung im Pferdesport geprägt. Seit Initiierung der Kieler Stadtmeisterschaften in der Dressur in den 80er Jahren, in der Zeit des 1. Vorsitzenden Gerd Boczek (1985-1995), stellte der KRRV zumindest einmal im Jahrzehnt die Dressurmeister in der Großen Tour, beginnend mit Ulrike Philip, Gisa Steen und Nils Schneider in den 80er Jahren, Amei Koll-Stobbe in den 90er Jahren und Susanne Stricker im neuen Jahrtausend. Die dressurmäßige Ausrichtung wurde auch unter dem 1. Vorsitzenden Dr. Enno Willms (seit 1995) fortgeführt, selber Vater einer in den 90er Jahren bis S-platzierten jungen Dressurreiterin.
Auch erfolgreiche Junioren-Pferdesportler haben im KRRV eine "Stammmitgliedschafts-Heimat" gefunden, so Birte Wenck, die in den 90er Jahren Landes- und Bundeskadermitglied der Vielseitigkeit war und die einzige Stadtmeisterin des KRRV im Springen stellte (Große Tour 1991), oder Lynn Oelke, die Landesvizemeisterin in der Dressur der Junioren im letzten Jahr. Susanne Stricker, deren Vater in den glorreichen 60er Jahren im KRRV als Reitschüler aktiv war, erritt im Jubiläumsjahr 2002 ihren ersten S-Dressursieg und wird im Jubiläumsjahr als erfolgreichste Pferdesportlerin des KRRV von einem Sohn des ehemaligen 1. Vorsitzenden Nebendahl mit einem Silberteller geehrt.
Entwicklung der Nutzungswirtschaft im Reitverein
Entstehung eines Reitzentrums auf dem Nordmarksportfeld
Die Entwicklung des Pferdesportes in Kiel wurde insbesondere geprägt von den Herren des sogenannten Freitagsreitclubs, die durch ihr privates und geschäftliches Engagement den Aufbau von Reitanlagen im Kieler Raum von Beginn an begleiteten. Gehen wir noch einmal zu den Anfängen der organisierten Reiterei in Kiel zurück: In der Prüne entstanden in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts Clubs von reitenden Herren. So ritten an einem bestimmten Wochentag zum Beispiel die Universitätsprofessoren und die Akademiker im sogenannten Dienstagsreitclub, während sich Freitags die Kieler Kaufleute trafen, um im Reitstall von Frahm zu Pferde und zu Fuße ihre Geselligkeit zu pflegen. Der sogenannte Freitagsreitclub der Kieler Kaufleute wurde 1889 gegründet und erwies sich langfristig für den Aufbau von Reitställen in Kiel als Aktivposten. 1891 weihten die Mitglieder des Freitagsreitclubs eine größtenteils von ihnen finanzierte eigene Anlage auf dem Blocksberg ein, die vom Reitlehrer Heinrich Wilke und später seinem Schwiegersohn Fritz Groth gepachtet bzw. gekauft wurde. Prüne und Blocksberg wurden im 2. Weltkrieg zerbombt, so dass die Kieler Pferdesportler erst mal ohne Reitanlagen dastanden.
Andreas Gayk, der erste Nachkriegsbürgermeister von Kiel, regte die Belebung des Nordmarksportfeldes mit Pferdesport bereits frühzeitig an, aber bis dahin sollte noch mehr als ein Jahrzehnt vergehen. Zunächst einmal wurden, meist unter Beteiligung der Mitglieder des Freitagsreitclubs kleinere Reitvereine gegründet. So wurde 1950 unter der Beteiligung von Mitgliedern des Freitagsreitclubs und des KRRV der Kieler Reitclub gegründet, mit dem Kaufmann Ernst Gäde als 1. Vorsitzenden. 1953 zog der Reitclub nach Bredeneek, wo er zusammen mit dem Freitagsreitclub von der Baronin von Donner Stallungen und eine zur Reithalle umgebaute Scheune auf dem Gut bei Preetz pachtete. Ende der 50er Jahre dann versuchten Fritz Bardenhewer, Mitglied des Kieler Reitclubs, des Freitagsreitclubs und 2. Vorsitzender des KRRV, Georg Süverkrüp, Mitglied des Freitagsreitclubs und des 1958 gegründeten Reitsportvereins Kiel, sowie Herrmann Willrodt, Vorsitzender des 1956 gegründeten Reitclubs Hubertus und der Kaufmann August Nebendahl, Vorsitzender des KRRV und ebenfalls Mitglied im Freitagsreitclub, gemeinsam die Idee eines Reitzentrums in Kiel zu verwirklichen, da nach der Zerstörung der Reitanlagen im Krieg lediglich im Freien geritten werden konnte. 1959 kam es zur Gründung des Reithallenvereins als Bauträger einer Reitanlage auf dem Nordmarksportfeld, für die von der Stadt Kiel ein Erbbaugrundstück zur Verfügung gestellt wurde.
Schon am 1.10.1959 erfolgte die Grundsteinlegung für Reithalle und Stallungen für 32 Pferde und am 24.6.1961 wurde die Anlage mit einem feierlichen Kutschenkorso eröffnet. Im November des gleichen Jahres wurde endlich auch die Reithalle mit einer festlichen Quadrille von 20 reitenden Herren des von Bredeneek nach Kiel zurückgekehrten Freitagsreitclubs unter der Leitung seines Präsidenten Herrmann Langness eingeweiht. 1962 schlossen sich die Mitglieder der an der Gründung des Reitzentrums Kiel beteiligten Nachkriegsreitvereinigungen Kieler Reitclub, KRRV und Reitsportverein Kiel zusammen bzw. lösten sich auf und wurden im KRRV, der die Anlage auf dem Nordmarksportfeld vom Reithallenverein pachtete, mit neuer Satzung und dem 1. Vorsitzenden Dr. Hans Werner Otto fortgeschrieben.
Auf der Reitanlage auf dem Nordmarksportfeld fand auch der Freitagsreitclub seine neue Heimat. Er trifft sich, die Tradition seit 1889 fortführend, immer noch in der Wintersaison zu freitäglichem Quadrillereiten mit geselligem Beisammensein. Zum wiederholten Male Präsident in der soeben mit dem festlichen Abreiten beendeten 113. Saison war Jörn Bardenhewer, ein Sohn des den Kieler Pferdesport auch als Veranstalter von Turnieren in der Ostseehalle in den 60er Jahren geprägt habenden Kaufmannes und Unternehmers Fritz Bardenhewer. Jörn Bardenhewer ist derzeit auch Vorsitzender des Kieler Reithallenvereins und verkörpert die Kontinuität der Tradition der im Kieler Reitsport engagierten Kieler Kaufleute vortrefflich. Die enge Verbindung der Geschicke des KRRV mit dem Kieler Freitagsreitclub wird auch dadurch deutlich, dass alle 1. Vorsitzenden nach dem 2. Weltkrieg Mitglied im Freitagsreitclub waren und sind.
Mit dem Bezug der Reitanlage auf dem Nordmarksportfeld entwickelte sich der KRRV zu einem mehrspartigen Reitverein, der sich vor allem durch eine große Jugendabteilung auszeichnet. Nach dem Bau einer zweiten Reithalle, ebenfalls in der Ära des 1. Vorsitzenden Dr. Otto im Jahre 1974, erhöhte sich die Attraktivität der Reitanlage weiter. Aufgrund der günstigen Lage bilden heute etwa zwei Drittel der Vereinsmitglieder die Gruppe der Jugendlichen, die im Schulpferde- und Voltigierbereich die Reitausbildungsmöglichkeiten stadtnah nutzen können.
Neben dem Schulpferdebetrieb, der auch nach der legendären Ära von Peter Freise meist durch Pferdewirtschaftsmeister (Reiten) geleitet wurde, bildete sich in den 60er Jahren auch eine erfolgreiche Sparte Voltigieren heraus, die in ihrer großen Zeit unter Rührdanz einige Male bei Landesmeisterschaften siegreich war und derzeit von Marie-Sywen Helbig geführt wird. Auch die Sparte Therapeutisches Reiten wurde sehr früh von Frau Quast gegründet und von Marilen Giesecke weitergeführt, die diesen gemeinnützigen Zweig des Vereinssports als Gesundheitssport seit 25 Jahren leitet und dafür im Jubiläumsjahr mit der Vereinsnadel geehrt wird. Die vierte Sparte bilden etwa 45 Privatpferde, die eine große Zahl von Freizeit- und Turnierreitern nebst Pflegemädchen auf die Anlage locken bzw. mitbringen. Die Privatpferdereiter erhalten seit einigen Jahren Dressurunterricht auf der Anlage durch Peter Olsson, der sich seine Turniersporen im Kieler Raum auf den Turnieren des KRRV in den 80er Jahren verdient hat und inzwischen zu den führenden Ausbildern und Dressurpferdesportlern des Landes gehört. Die Sparte der Privatpferdereiter stellte in den letzten Jahrzehnten zudem mehrheitlich den ehrenamtlichen Vereinsvorstand bestehend aus dem Geschäftsführenden Vorstand gemäß BGB und verschiedenen Beisitzern wie Jugendwart, Sportwart und Breitensportwart.
Zukunft des Vereinspferdesports
Der KRRV als zukunftsfähiger Jubilar
Heute ist der Kieler Renn- und Reiterverein der einzige Verein im Kieler Reiterbund, der noch ehrenamtlich eine eigene Anlage bewirtschaftet. Wie alle großen Reitvereine hat er zunehmend Schwierigkeiten, qualifizierte und willige ehrenamtliche Mitglieder für die Vorstandsarbeit zu gewinnen. Ausgerechnet in seinem Jubiläumsjahr steht der KRRV (und der Reithallenverein) vor der Frage, inwieweit ein betriebswirtschaftlich funktionierendes Management einer Reitanlage mit derzeit einem Pferdewirtschaftsmeister, zwei Auszubildenden, einem Pferdewirt Z&H überhaupt finanziell tragbar bzw. ehrenamtlich sinnvoll geleistet werden kann.
Folgt man den Empfehlungen von Reinhard Wendt, der auch aus einem preußisch geprägten, traditionsreichen Reitverein (dem Krefelder Reit- und Fahrverein) entstammt und mittlerweile als Sportchef der FN in Warendorf wirkt, so sieht die FN die Zukunft verstärkt in der Zusammenarbeit von Vereinen und Betrieben, die zu einer Entlastung des ehrenamtlichen Vereinsvorstandes führen soll. Die moderne Marktanalyse (etwa im Ergebnis der Meinungsumfrage durch FN und dem Meinungsforschungsinstitut IPSOS) zeigt zudem auf, dass, anders als vor hundert Jahren bei der Gründung des Kieler Renn- und Reitervereins beobachtet, heute nicht mehr der Reiter im Mittelpunkt des Vereinspferdesports steht, sondern das Pferd. Demnach bilden Fragen zur adäquaten Unterbringung, Verpflegung und Ausbildung der Pferde die Kerninteressensbereiche der Pferdesportler. Und da hat der KRRV bereits frühzeitig von den Zukunftsvisionen seiner Geschäftsführer, zuletzt Walter Klotz und Dieter Bieler profitiert: Die Anlage in der Stadt und doch im Grünen hat eine wettbewerbsfähige Infra-Struktur (wenn auch mit dem Alter entsprechenden Sanierungsbedarf) vorzuweisen mit Außenboxen auch im Hauptstall, einem abwechslungsreichen Gelände mit neuem Paddock und Koppeln mit Weidegang für die Pferde im Sommer. Eine kurzzeitig als ehrenamtliche Kassenwartin aktive Unternehmensberaterin hat zudem im Jubiläumsjahr mit einer betriebswirtschaftlich fundierten Kosten- und Nutzenanalyse der Sparten des Vereins ein Grundlagenpapier für die Weichenstellung in Richtung eines zukunftsorientierten Dienstleistungsvereins geliefert - eine riesige Chance für KRRV und Kieler Reithallenverein.
Im Jubiläumsjahr 2002 veranstaltet der KRRV auf seiner Anlage (im Gedenken an die Geschichte der pferdesportlichen Wettkämpfe am und auf dem Nordmarksportfeld) die Kieler Stadtmeisterschaften nicht nur, wie in den letzten Jahrzehnten in der Dressur, sondern in Dressur und Springen (24.-26.5.02). Und auch 2002 gleicht, wie zu Beginn des Wettkampfsportes im Jahre 1907, die Liste derjenigen, die dieses Turnier mit Geld- und Ehrenpreisen fördern, dem "Who is who" der dem Kieler Pferdesport Verbundenen. Ehemalige 1. Vorsitzende oder deren Kinder, Enkel und Ururenkel, sowie die Kieler Reitsportfachgeschäfte oder dem Reitsport verbundene Unternehmer des Kieler Raumes übernahmen Geld- und Ehrenpreise. Für die Tombola des Jubiläumsballes im Hotel Maritim am 31.5.2002 stifteten dem Verein Verbundene wunderbare Preise, die von einer Ballonfahrt über ein Fahrrad, einen Rundflug, alte Stallplaketten und wertvolle alte Bücher bis zu einem Stich von Zille reichen.
Gratulation und alle guten Wünsche für die Zukunft also einem der ältesten aktiven Reitvereine im Lande und im Namen aller Pferdesportaktiven aus dem Kieler Raum auch ein Dank an alle, die sich im KRRV in dieser Zeit aktiv engagiert haben und somit ein Stück Reitsportvereinskultur im Lande mitgeschrieben haben.